TURTLE RELOADED VIDEO
Turtle Productions sind nicht nur eine weitere Crew, deren Ethos sich auf kreativem Street-Skaten und der VX1000 begründet. Viel mehr werden ihre Clips und Videos durch die sehr spezielle Wiener-Lebensart geprägt, deren visuelle Darstellung einer sehr eigenen Herangehensweise bedarf. Jedes Video ist etwas Besonderes, keine stupide Aneinanderreihung von Clips, um die medialen Gelüste für einige Sekunden zu befriedigen. Erfrischend anders, intelligent und einzigartig, eine willkommene Abwechslung zum Einheitsbrei. ROBERT SARTORI
INTRO
Robert_Sartori
F O T O S
Jan_Federer
Ziggy_Schaap
Sebi_Binder
Was war das erste Video an das du dich erinnern kannst und welche Videos haben dich beeinflusst selbst die Kamera in die Hand zu nehmen?
Soweit ich mich erinnern kann, waren meine ersten internationalen Skatevideos „Pigwood – Slaugtherhouse“ und „Foundation – That‘s Life“. Die hab ich mir fast jeden Tag angeschaut und war ein großer Fan von Corey Duffel und von Slash gewesen, was vielleicht meine enge-Hosen- Phase rechtfertigen könnte. Ziemlich zeitgleich hab ich dann schon von österreichischen Videos etwas mitbekommen, wie von den WHY-Videos oder von der damaligen Eisenstädter Crew I.C.R.C. – großes Shout-out an dieser Stelle! Danach hab ich erst realisiert, dass man nicht unbedingt in Amerika wohnen muss, um coole Videos zu machen. Das hat mich voll motiviert, die Kamera selbst in die Hand zu nehmen und ich glaub nach nicht einmal einem Jahr auf dem Skateboard, habe ich mir auch schon meine erste VX-2100 zugelegt. Deshalb geht Skaten und Filmen für mich schon immer Hand in Hand. Ich kann weder auf das eine, noch auf das andere verzichten.
Nach wie vor erscheinen zahlreiche internationale und erfreulicherweise auch nationale Full-Lenghts. Welche sind für dich besonders herausgestochen?
Heutzutage ist es schwer als Full-length wirklich herauszustechen, weil das Internet einfach Tag für Tag mit unzähligen Videos zugemüllt wird. Da verliert sich schnell einmal der eine oder andere gute Edit. Was ich mir aber immer wieder gerne anschaue, sind Local – Videos, die mich an eine bestimmte Zeit erinnern, wie zum Beispiel das Cornerstore vom Frido. Auch Videos in denen man die Leute kennt, wie beispielsweise die Clearout-Clips vom Noyan oder die ein, zwei Clips die der Fabi rausgehaut hat. Das find ich irgendwie viel interessanter als Random Videos, bei denen man gar keinen Bezug zu den Personen hat.
Was macht für dich ein gutes Video aus?
Ich finde es extrem wichtig, dass man sich Videos in einem Zug problemlos anschauen kann. Heutzutage ist die Aufmerksamkeitsspanne bei den meisten Leuten schon so kurz, dass man, wenn sich ein Video nur ein wenig dahinzieht, eh schon wieder weggeklickt hat. Schwierige Tricks und arges Skaten stehen bei mir auch eher an letzter Stelle, deshalb bevorzug ich lieber ein VX-Video mit einem geilen Soundtrack, gutes Filmen und einem flüssigen Schnitt. Nicht zu vergessen die Lifestyle-Footage, ohne der geht’s natürlich auch nicht!
Hast du in Sachen Filmen und Editieren, Leute die dich beeinflusst haben?
Da fallen mir spontan die Lurk-NYC Clips, Magenta, WKND, Isle, GX-1000 und Pass-Port Videos oder das Spirit Quest vom Colin Read ein. Da gibt’s immer wieder den ein oder anderen Aspekt, der mich inspiriert und auf neue Ideen gebracht hat. Ansonsten hat mir der Sebi früher oft bei manchen technischen Fragen, was das Schneiden betrifft, geholfen.
„Aja, und ich vertone auch größtenteils selbst. Da haben sich schon ein paar Leute über mich lustig gemacht, dass ich alleine in meinem Zimmer sitze und diese weirden Soundeffekte aufnehme, wie zum Beispiel das klassisch-turtlige „Huuuuiiiii“.“
Wieso Turtle Productions? Was steckt hinter dem Namen und wer ist die Crew dahinter?
Das hat eigentlich ganz harmlos angefangen. Als ich 2014 endlich meine erste VX-1000 bekommen habe, wollte ich meinen Clips, die ich eh am laufenden Band produziert habe, einen bestimmten Charakter verleihen, weil sie bis dahin immer sehr random und unbenannt waren. Ohne große Hintergedanken habe ich es dann selbst ironischerweise „Turtle Productions“ genannt, weil ich immer wieder mit einer Schildkröte verglichen wurde. Mit der ursprünglichen Crew verbind ich gleich einmal Noyan, Fabi und die ganze Grazer Bagage. Zusammen haben wir den Panzer dann ins Rollen gebracht. Danach hat es nicht mehr lange gedauert und der Fuxl, Elias und alle anderen die im ersten Video einen Part hatten, haben sich eingeschlichen. Mittlerweile hat sich crewmäßig aber einiges verändert. Heute sind wir viel durchgemixter, irgendwie geht jeder mit jedem skaten und es kommt oft zum sehr aktuellen Phänomen der „Crewfusion“. Das kann dann insofern hinderlich sein, dass wenn man als kleine Crew produktiv sein will, es sich mit der Menge an Leuten einfach nicht vereinbaren lässt. Deshalb hasse ich nichts mehr, als mit großen Crews skaten zu gehen, pack ich einfach nicht!
Deine Videos haben aufgrund deiner Animationen einen hohen Wiedererkennungswert und sind deshalb sehr einzigartig. Hast du dir das Animieren selbst beigebracht?
Ja, das hab ich mir alles selbst beigebracht. Wenn man sich die allererste Turtle-Animation im Clip „New Equipment“ anschaut und diese mit den heutigen vergleicht, merkt man erst richtig die Entwicklung. Anfangs hab ich nämlich alles noch auf Papier gezeichnet, abfotografiert, die schwarzen Linien in Photoshop herausgefiltert und schlussendlich dann im Schneidprogramm bewegen lassen. Mittlerweile zeichne ich zwar digital, aber die einzelnen Zeichnungen lasse ich immer noch im Schneidprogramm bewegen. Also eigentlich sehr aufwendig und nicht gerade der einfachste Weg zu animieren. Ich bin aber nicht der Typ der sich stundenlang Tutorials reinzieht und sich dann ein neues Programm zu eigen macht. Ich mach das lieber auf Schildkrötenstyle – ich sitz stundenlang vor Photoshop, hör Musik und zeichne jede Bewegung einzeln. Aja, und ich vertone auch größtenteils selbst. Da haben sich schon ein paar Leute über mich lustig gemacht, dass ich alleine in meinem Zimmer sitze und diese weirden Soundeffekte aufnehme, wie zum Beispiel das klassisch-turtlige „Huuuuiiiii“.
Wie ist das neue Video aufgebaut. Wird es einzelne Parts geben, oder wird es eher ein Mix?
Dadurch dass ich für dieses Video viel mehr Leute inkludiert habe ist dementsprechend auch extrem viel Footage zusammengekommen. Das hat mir am Anfang vom Schneiden viele Probleme bereitet, weil ich nicht genau wusste, wie ich das Ganze anordnen soll, sodass es einen Sinn macht und sich gut anschauen lässt. Schlussendlich ist es eine zusammengehäufte Montage geworden mit (hoffentlich) gut zusammenpassenden Leuten, wobei sich der ein oder andere Full-Part schon herauskristallisieren wird.
Wie lang habt ihr für das Video gefilmt?
Genau ein Jahr haben wir jetzt gefilmt. Letztes Jahr hab ich den ganzen Sommer die Kamera nicht ausgepackt, weil ich erst aus Holland zurückgekommen bin und von dort film- bzw. skatemäßig overloaded war. Aber lange hat es nicht gedauert, da hat es mich schon wieder gereizt ein neues Projekt anzugehen. Irgendwie kann ich einfach nicht ohne.
Bei der Turtle Art „Street zu Skaten“ kommt sehr schnell, viel Footage zusammen. Ist viel Material beim Cut übrig geblieben und wenn Ja … was machst du damit?
Ja, auf jeden Fall! Ich muss sagen ich arbeite gern mit mehr Material, sodass ich ohne schlechtes Gewissen etwas weglassen und im Video schlussendlich nur die besten Sachen verwenden kann. Das ist mir viel wichtiger, als dass es sich an manchen Stellen mit Nur-so-halb-guter-Footage dahinzieht. Und natürlich werden die Leftovers auch weiterverarbeitet für den Bonus auf der DVD oder für was auch immer… nur nicht archiviert, ich heiß ja nicht Trummer oder Schlöglhofer im Nachnamen.
Für gut ein halbes Jahr warst du in Den Haag. Wird es von der Zeit auch Clips im Video geben?
Klares Nein! Das Video ist zu 99% in Wien gefilmt, da kommt mir keine Holland Footage rein! Ich esse ja auch keine Stroopwaffeln zu meinem Zwickl dazu. Das würde einfach nicht zusammenpassen. Allerdings habe ich den schwindligen Holländern Wien sehr schmackhaft gemacht und sie haben uns deshalb schon ein paar Mal besucht. Aus diesem Grund wird’s auch eine Dutch-Section im neuen Video geben. Auf die darf man gespannt sein, weil diese Skatefreaks einfach alle so gut Skateboard fahren können!
„Ich hab mich viel zu oft klein schlagen lassen, um in diesen abgefuckten Außenbezirken skaten zu gehen!“
Für dieses Video wurde auch mal der Turtlebezirk verlassen und in Bezirke wie Liesing ausgerückt… auf wieviel Prozent der Footage kommt der 1te dennoch?
Ich hab mich viel zu oft klein schlagen lassen, um in diesen abgefuckten Außenbezirken skaten zu gehen. Wenn alles nach meiner Pfeife getanzt hätte, dann würde das Video sowieso „The first district Video“ heißen. Deshalb muss ich schweren Herzens sagen, dass dem Ersten leider nur ein Bruchteil des Videos gewidmet wird… Leider!
Der „Anhack Faktor“ war für dieses Video bedeutend höher als noch beim Ersten… was waren deine Anhack Highlights?
Ja, da hast du Recht. Ich würde das Skateniveau bei dem Video überhaupt höher als beim Ersten einschätzen, keine Ahnung warum. Vielleicht war die Motivation bei manchen einfach größer… bis manchmal sogar zu groß – Selbstüberschätzung ist nämlich auch ein Faktor der bei dem Video nicht außer Acht zu lassen ist. Wer zahlt mir eigentlich die verschwendeten Tapes mit den unzähligen nicht-gestandenen Versuchen? Paul? Markus? Zurück zur Frage… Wie du schon gesagt hast, ist die Turtle-Art Streetskaten zu gehen, beschränkt auf kleine Mini-Spots, quick-feet-shit, usw. Wenn dann aber mal solche Action-Männer wie Dustin, Enöckl oder Ante zur Session dazukommen und ihre Stunts abliefern, dann ist das für eine kleine Schildkröte wie mich schon sehr beeindruckend. Wie die manche ihrer Tricks angegangen sind, das versteh ich bis heute einfach nicht. Die haben scheinbar erfolgreich den Off-Button für ihr Hirn gefunden. Anders kann ich mir das nicht erklären.
Wie wir beide wissen ist das Leben als Media Guy nicht immer das reine Zuckerschlecken und auch nicht förderlich, wenn man selber einmal abliefern will. Wie ist es dir bei dem Video gegangen? Bist du zufrieden mit deiner Footage?
Im Großen und Ganzen kann ich mich über das Endresultat nicht beschweren. It is what it is. Wobei ich schon sagen muss, dass man als Filmer/Skater diesen gewissen Perfektionismus entwickelt, der einen nie zu 100% zufrieden sein lässt. Noch dazu kommt, dass es mir bei diesem Video viel schwerer gefallen ist, meine eigene Footage zusammenzubekommen. Im Gegensatz zum ersten Video waren manche Leute einfach nicht motiviert, auch mal die Kamera in die Hand zu nehmen. Wenn ich dann aber doch endlich mal einen Filmer gefunden hatte, ist es vermehrt vorgekommen, dass ich mich überhaupt nicht aufs eigene Skaten konzentrieren konnte, sondern immer im Hinterkopf gehabt habe, ob das jetzt eh nicht verfilmt ist oder ob es eh meinen Vorstellungen entspricht. Und natürlich hat es nie vollkommen meinen Vorstellungen entsprochen, aber ich glaube das ist einfach der Fluch des Media-Guys.
Frido wird im Video auch einen Part haben und damit seit langem in einem Video dabei sein, dass er nicht selber gemacht hat. Hat er sich beim Editieren eingebracht?
Nein, nicht wirklich. Das hat er schon mir überlassen. Aber man kann schon sagen, dass wir gemeinsam an dem Video gearbeitet haben. Und da mein ich jetzt gar nicht nur den Frido. Ich hab versucht alle die im Video vorkommen in meine Ideen miteinzubeziehen, hab ihnen regelmäßig ihre Footage geschickt, Lieder ausgetauscht usw. Das ist ja das Besondere an so einem Full-Length Video, für das man sich bisschen mehr Zeit lässt. Es ist so eine Art Gruppenprojekt, an dem man gemeinsam arbeitet und sich gegenseitig versucht zu motivieren. Obwohl… stimmt ja gar nicht – eigentlich geht’s eh nur um die Premiere und die Party danach.
Was ist nach dem Video geplant? Möchtest du dich wieder mehr auf die Clips fokussieren oder gibt es nächstes Jahr wieder ein Full Length?
Falls es nächstes Jahr wieder ein Video geben sollte, dann kündig ich jetzt schon mal mein erstes Burnout an. Nein, geplant ist soweit mal nix, aber Turtle Productions wird’s auf jeden Fall noch weiterhin geben. Wie bereits erwähnt, muss ich eh immer an irgendwas Neuem arbeiten. Ehrlich gesagt, freu ich mich wieder ein bisschen ungezwungener für Internet-Clips zu filmen. Der Unterschied dazu ist, dass man manche Ideen einfach besser und schneller umsetzten kann. Da fehlen dann nur noch motivierte Leute, ein paar neue Ideen und es kann schon los gehen. Oder um es mit den Worten von Locopapi zu sagen: „You got to do something, right?“ – „Something?“
„Oder um es mit den Worten von Locopapi zu sagen: „You got to do something, right?“ – „Something?““